CVI - zentral bedingte Sehstörungen
Sehen braucht Auge und Gehirn
CVI steht für den englischen Begriff „Cerebral Visual Impairment“ und wird mit „zentral bedingte Sehstörungen“ ins Deutsche übersetzt oder auch als VVWS (Visuelle Wahrnehmungs- und Verarbeitungsstörung) bezeichnet.
Wie wirkt sich eine Visuelle Verarbeitungs- und Wahrnehmungsstörung im Alltag aus?
Obwohl die Augen gesund sind oder keine wesentliche Beeinträchtigung aufweisen, haben Kinder bzw. Jugendliche mit CVI dennoch Probleme im Alltag, die ein Sehdefizit vermuten lassen. Ursache ist eine Veränderung oder ein Defizit in der Weiterleitung bzw. der Verarbeitung von visuellen Reizen im Gehirn.
CVI beeinflusst die kindliche Entwicklung von Alltagsfunktionen und kann sich daher auch auf den Schulalltag auswirken.
Unterschiedliche visuelle Wahrnehmungsteilbereiche können betroffen sein und sich in folgenden Alltagsbeeinträchtigungen und Schulproblemen äußern
- Visuelle Suche und/oder visuelle Aufmerksamkeit
häufiges Stolpern über Hindernisse, mühsame Orientierung im Heft/Buch/an der Tafel, Auslassen von Zeilen/Aufgaben, Überforderung in unruhiger Umgebung, rasche Ermüdung bei visuell anspruchsvollen Arbeiten, etc.
- Visuelle Wahrnehmung von Formen, Figur-Grund-Wahrnehmung
Überforderung bei Arbeitsblättern mit farbigem/unruhigem Hintergrund, Schwierigkeiten beim visuellen Erkennen von Formen, Spielzeug wird auf gemustertem/strukturiertem Boden nur schwer oder gar nicht gefunden, etc.
- Visuelle Wahrnehmung von Objekten, Gesichtern oder Mimik
erkennt bekannte Personen in fremder Umgebung/auf Fotos nicht, reagiert nicht adäquat auf Gesichtsausdrücke/Mimik, etc.
- Visuelles Gedächtnis
spielt nicht gerne Memory, Probleme beim Merken von Wegen bzw. Landmarken, erkennt Grundformen der Buchstaben in verschiedenen Schriftarten nicht wieder, etc.
- Visuelles Erkennen von Zahlen und Buchstaben
Lesefehler, Leseprobleme, Buchstaben oder Zahlen werden vertauscht oder nicht erkannt, Details werden übersehen, etc.
- Visuell-räumliche Wahrnehmung
Schwierigkeiten beim Puzzle legen oder Bauen mit Bausteinen/Duplo/Lego, Binden einer Masche, (Ab)Schreiben, (Ab)Zeichnen, Schwierigkeiten beim Rechnen, beim Einschätzen von Mengen/Größen, etc.
- Visuell-räumliche Orientierung
findet bekannte Wege nicht eigenständig, findet sich z.B. in Wohnungen oder im Schulhaus nicht zurecht, etc.
- Visuo-Grafo-Motorik, Auge-Hand-Koordination
Schwierigkeiten beim flüssigen Schreiben, Abschreiben, zeichnet nicht gerne, Probleme beim Einschenken eines Glases, etc.
Risikofaktoren für das Auftreten von CVI
Nicht bei allen Kindern mit zentral bedingten Sehstörungen sind Risikofaktoren zu erheben. Bei vielen Betroffenen finden sich doch eine oder mehrere der folgenden Faktoren in der Lebensgeschichte:
- Frühgeburt
- Sauerstoffmangel bei der Geburt
- geringes Geburtsgewicht bei Termingeburt
- Drogen- und Alkoholmissbrauch in der Schwangerschaft
- Trisomie 21
- Epilepsie
- Schädelhirntrauma
- Meningitis oder Encephalitis
- Gehirntumore
- Chemotherapie
- „shaken baby“- Syndrom (Schütteltrauma)
Untersuchungsablauf in der Orthoptik bei Verdacht auf eine zentral bedingte Sehstörung
Bei Vorliegen eines CVI-Verdachtes werden die Augen Ihres Kindes zuerst organisch (augenfachärztlich) und orthoptisch untersucht. Eventuell kann eine verordnete Brille bereits eine Erleichterung für das belastete Sehsystem Ihres Kindes bedeuten.
Anschließend wird ein CVI-Screening durchgeführt. Zeigt dies Auffälligkeiten, erfolgt in einem weiteren Termin die meist einstündige CVI-Funktionsdiagnostik mittels der „CVI- Box 2“. Diese umfassende Untersuchung wird von Orthoptist:innen mit entsprechender Zusatzqualifikation durchgeführt und beinhaltet folgende Leistungen:
- Ausführliches Anamnesegespräch
- CVI-Untersuchung (Dauer: ein- bis eineinhalb Stunden)
- Abschlussgespräch über Untersuchungsergebnisse, weiterer Vorgehensweise, Therapieempfehlungen, mögliche Fördermaßnahmen und Hilfsmittel
Orthoptist:innen, die eine CVI-Abklärung anbieten finden Sie unter Orthoptist:innen-Suche im Tätigkeitsbereich "CVI-Diagnostik".
Interdisziplinäre Zusammenarbeit
Die Betreuung von Kindern mit zentralen Sehstörungen erfordert die Zusammenarbeit verschiedener Berufsgruppen
- Orthoptist:innen
- Augenärzt:innen
- Ergotherapeut:innen
- Kinderpsycholog:innen
- Kinderfachärzt:innen
- Kinderneurolog:innen
- Logopäd:innen
- Physiotherapeut:innen
- Elementarpädagog:innen
- Lehrkräften
Gemeinsames Ziel ist, das bestmögliche Umfeld und die größtmögliche Unterstützung für die betroffenen Kinder und deren Eltern zu schaffen, sowie das Kind in seiner Entwicklung und im Lernen zu unterstützen und zu fördern.
Hier finden Sie Orthoptist:innen, die Sie gerne auf Ihrem Weg unterstützen.